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Datum: 14.12.2022

»Der Green Deal steht über allen Themen«

Interview mit Europabüro-Leiterin Susanna Caliendo

Eine beeindruckende Summe: Mehr als 1,6 Milliarden Euro EU-Fördergelder erhielt die Metropolregion FrankfurtRheinMain zwischen 2014 bis 2020. Das ist nicht zuletzt der Fördermittelberatung zu verdanken, die das Europabüro der Metropolregion geleistet hat. Europabüro-Leiterin Susanna Caliendo erläutert im Interview die Besonderheiten der neuen Fördermittelperiode, wie Kommunen, Betriebe und Institutionen bei der Akquise von Fördermitteln unterstützt werden – und was ein absolutes No-Go in der der Fördermittelbeantragung ist.


Frau Caliendo, die neue EU-Fördermittelperiode läuft von 2021 bis 2027. Was sind die deren inhaltlichen Schwerpunkte?

Die Europäische Kommission gestaltet ihre Förderprogramme immer nach politisch gesetzten Zielen. Größte Besonderheit ist in dieser Förderperiode der European Green Deal, der Gesetzgebungsverfahren, Richtlinien und Initiativen der Europäischen Kommission in eine nachhaltige Zukunft Europas lenkt. Europa soll aktiv Klimaschutz betreiben und emissionsfreier Kontinent werden. Dieses Ziel steht über allen anderen Themen. Neben dem Klimaschutz spiegeln sich Themenfelder Digitalisierung, Energie und neue Mobilität in den Förderprogrammen wieder.


Das Europabüro hat kürzlich einen Fördermittelguide veröffentlicht. Was ist dessen Zielsetzung?

Der Fördermittelguide bietet einen groben Überblick zur Förderkulisse der Europäischen Kommission. Er stellt dar, welche Förderschwerpunkte existieren und welche Ziele die einzelnen Programme verfolgen. Außerdem liefert der Guide Infos über Antragsverfahren, welche Größenordnungen Projekte haben sollten und ob internationale Kooperationspartner benötigt werden. Es gibt ein eigenes Kapitel mit Tipps und Ratschlägen zu Fördermittelanträgen. Hauptzielgruppe sind Multiplikatoren, in erster Linie Landkreise und größere Städte in der Region FrankfurtRheinMain, aber auch kleineren Kommunen kann der Guide als erste Orientierungshilfe dienen.


Angenommen, jemand hat eine Projektidee. Was raten Sie im Vorfeld?

Als erstes sollte immer eine Projektskizze aufgesetzt werden. Wichtig ist möglichst genau zu skizzieren, welches Problem mit dem geplanten Projekt eigentlich gelöst werden soll – das wird häufig vergessen. Und im Fördermittelguide kann man schon mal prüfen, welches Förderprogramm eventuell für das eigene Projekt in Frage käme.


Sie erwähnten die Beratung des Europabüros. Wie kann man sich so eine Beratung vorstellen?

Das Europabüro berät auf verschiedenen Stufen individuell und maßgeschneidert. Auf einer ersten Stufe sichten wir Projektskizzen und erstellen ein Fördermittelscreening. Dabei wird geprüft, welche Förderprogramme der EU am besten passen oder ob möglicherweise eher eine Landes- oder Bundesförderung in Frage käme. Und wir geben eine erste Einschätzung zu Aufwand und potenziellen Erfolgschancen. Wenn wir das zurückgespiegelt haben, überlegt die antragstellende Kommune bzw. Organisation, ob Aufwand und Erfolgschancen eine Bewerbung rechtfertigen.


Wie sieht der weitere Weg in der Beratung aus?

Wenn sich der Antragsteller zu einem Bewerbungsverfahren entschließt, bieten wir auf der zweiten Stufe ein vertiefendes Gespräch an. Dabei wird dann alles noch einmal ausführlicher beleuchtet. Und im Gegensatz zu vielen anderen Beratungsstellen raten wir im Europabüro manchmal auch ab, wenn die Erfolgschancen für ein Projekt aus unserer Sicht einfach zu gering sind.


In welchem Maße lassen sich die Erfolgsaussichten für eine Fördermittelbewerbung vorher einschätzen?

Jede neue EU-Förderperiode bringt ihre eigenen Tücken mit sich. Bei der Einschätzung von Erfolgsaussichten greifen wir auf unsere Erfahrungen aus vorherigen Perioden zurück. Unter den Projekten, die wir begleitet haben, gab es in den vergangenen Jahren immerhin eine Erfolgschance von 90 Prozent. Das liegt auch daran, dass wir immer zu einem recht frühen Zeitpunkt in die Prozesse reingegangen sind. Mit der fortschreitenden Zeit in einer Förderperiode sinken die Erfolgsaussichten, weil viele Projektideen dann nicht mehr neu sind. Grundsätzlich sind die Erfolgsperspektiven von Projekt zu Projekt jedoch sehr unterschiedlich.


Wie sinnvoll ist es, sich mit Partnern um eine Förderung zu bewerben?


Auch das lässt sich nicht pauschal sagen und ist von Projekt zu Projekt unterschiedlich. Wir empfehlen aber dringend allen, die noch keine Erfahrungen mit Fördermittelanträgen haben, nicht selbst als Leadpartner bzw. führender Partner mit einem internationalen Kooperationsantrag ins Rennen zu gehen. Das ist wirklich nur etwas für erfahrene Akteure und bindet viele administrative Ressourcen. Empfehlenswert ist, mit einem Partnerkonsortium zusammenzuarbeiten, insbesondere dann, wenn namhafte Leadpartner bereits erfolgreich Fördermittel akquiriert haben. Oder man versucht es erst einmal mit einem „einfacheren“ EU-Förderprogramm, bei dem keine Partner benötigt werden.


Kann das Europabüro mithelfen, Partnerschaften und Konsortien für die Antragstellung zusammenzuführen?

Das ist ein großer Vorteil des Europabüros: Wir haben im Laufe der Jahre ein weites Netzwerk an Partnern und Organisationen aufgebaut. Und können unter Umständen helfen, unterschiedliche Antragsteller für eine Partnerschaft beim Fördermittelantrag zu vermitteln.


Letzte Frage: Wovon raten Sie in Sachen Fördermitteln unter allen Umständen ab?

Bitte keinesfalls Projekte erfinden, nur weil ein bestimmtes Förderprogramm existiert. Das war noch niemals von Erfolg gekrönt. Besser ist es, bei seinen Aufgaben und bereits geplanten Projekten zu bleiben und zu schauen: Welche Förderung passt dafür?


Weitere Infos:

  • Der Fördermittelguide ist auf der Website des Europabüros abrufbar: www.europabuero-frm.de
  • Bei Fragen zu EU-Fördermitteln steht das Europabüro seinen Kommunen während der gesamten Fördermittelperiode beratend zur Seite: www.europabuero-frm.de
  • Neben der Fördermittelberatung und dem Informationsservice für die Kommunen der Metropolregion FrankfurtRheinMain ist die Interessenvertretung eine der Hauptaufgaben des Europabüros. Dazu nutzt es über seine Repräsentanz in Brüssel den direkten Draht zu den Entscheidungsträgerinnen und -trägern der EU.

  • Betreiber des Europabüros ist der Regionalverband FrankfurtRheinMain, in dessen Geschäftsstelle in Frankfurt sich die Zentrale des Europabüros befindet. Zusätzlich erhält das Europabüro finanzielle Unterstützung von Städten und Landkreisen der Metropolregion sowie von regionalen Partnern.


Das Interview führte René de Ridder, Regionalverband FrankfurtRheinMain

 

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