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Datum: 24.06.2021

Rätselhafte Pyramiden und Barbarossas Steuergeschenke

Regionalverband erweitert Kulturlandschaftskataster

Sie sehen aus wie kleine Betonpyramiden ohne Spitze. Die rätselhaften, moosbewachsenen Bauten im Limeshainer Wald dienten wahrscheinlich im Zweiten Weltkrieg als Fundamente für längst verschwundene Funkmasten oder Flakstellungen, in Zusammenhang mit dem nahe gelegenen Wehrmachtsflugplatz Altenstadt. Sie gehören zu den neuesten Zugängen des Kulturlandschaftskatasters des Regionalverbandes, das Kulturdenkmäler wie Boden- und Baudenkmäler und - nicht denkmalgeschützte - kulturhistorische Landschaftselemente (KHLE) erfasst. Von letzteren gibt es in der Online-Kartenanwendung rund 1.800, dazu sind den vergangenen Monaten noch 232 dazugekommen. Einige davon, wie zum Beispiel die genannten Betonfundamente, stammen aus der neu hinzugekommenen Verbandskommune Limeshain in der Wetterau.

Die Neuzugänge bei den Landschaftselementen sind vor allem den Hinweisen engagierter Ehrenamtlicher zu verdanken. Rouven Kötter (SPD), Erster Beigeordneter des Regionalverbandes FrankfurtRheinMain, weiß die Unterstützung zu schätzen: „Zur Erfassung der historischen Kulturlandschaft sind Heimatforscherinnen und -forscher sowie Geschichtsvereine eine enorm wichtige Quelle. Ohne sie wäre das Kulturlandschaftskataster nicht das, was es ist“, sagt er.

Für die Gemeinde Limeshain ist es das erste Mal, dass die historische Kulturlandschaft kartiert wird. 56 Kulturhistorische Landschaftselemente hat der Verband in Limeshain identifiziert und in das Kataster aufgenommen, die meisten davon sind Grenzsteine. Es gibt aber auch einen Hohlweg, Hügelgräber, Grenzbaum und -graben, Ackerterrassen, einen Hutebaum und anderes. Am Rand der Altstadt des Limeshainer Ortsteils Rommelhausen liegt der „Barbarossabrunnen“. Um ihn rankt sich die Sage, dass Kaiser Friedrich Barbarossa von den armen Einwohnern Wasser aus dem Brunnen angeboten bekam und ihnen deswegen die Steuern erließ.

Einen ganz anderen Einblick in die historische Kulturlandschaft bietet Friedrichsdorf weiter westlich im Verbandsgebiet. Rund um den Dillinger Hof sind heute noch die Spuren landwirtschaftlicher Nutzung zu entdecken. Der Hof entstand nach dem Dreißigjährigen Krieg und die Flächen um ihn herum dienten als Äcker. Die damaligen Bauern nutzten wohl einen Pflug, der sich nicht wenden ließ, was bis ins 18. Jahrhundert hinein üblich war. Dieser warf die Erde nur in eine Richtung, so dass im Laufe der Zeit Wölbungen entstanden, die heute noch im Gelände nördlich des Hofes zu erkennen sind. Auf diesen „Wölbäckern“ sind heute Streuobstwiesen zu finden.

Das Kulturlandschaftskataster wird auch in Zukunft stetig wachsen. So sollen auch die Daten von den vier weiteren Wetterauer Kommunen, die dieses Jahr dem Regionalverband beigetreten sind, hinzukommen. Es handelt sich um Echzell, Glauburg, Nidda und Ranstadt. Weitere Informationen zum Thema historische Kulturlandschaft sowie den Link zum Kulturlandschaftskataster finden Sie unter www.kulturlandschaft-frm.de.

Hintergrund Kulturlandschaftskataster
Das Kulturlandschaftskataster gibt es bereits seit 2006 und wird von den Mitgliedskommunen des Verbands, von Planungsbüros, Vereinen und interessierten Bürgern genutzt. Gut 27.000 Elemente enthält die Online-Kartenanwendung. Ein besonderes Augenmerk legt der Regionalverband auf Kulturhistorische Landschaftselemente, die in anderen Katastern selten vorkommen und insgesamt weniger Aufmerksamkeit erhalten, weil sie nicht denkmalgeschützt sind. Es sind Spuren, die der Mensch hinterlässt, sobald er die Landschaft zu seinen Zwecken nutzt. Sie verleihen dem Raum seine Eigenart und Besonderheit und geben Auskunft über das Alltagsleben früherer Generationen.

Ein technisches Schmankerl dieser des Katasters ist die Möglichkeit, historische Karten einzublenden: Zum Beispiel topographische Karten ab 1876, Luftbilder von 1935 oder auch die „Historische Karte der Rhein-Main-Region“, die der Verband selbst entwickelt hat.

Auch der Regionalverband selbst nutzt all diese Daten als Grundlage für seine Arbeit, zum Beispiel für die Landschaftsplanung, im Regionalen Flächennutzungsplan oder in der Strategischen Umweltprüfung. Ziel ist es, alle wertvollen Elemente in der Planung zu berücksichtigen, wenn zum Beispiel Straßen gebaut oder Baugebiete ausgewiesen werden. Ein weiteres Ziel ist es, bei der Bevölkerung ein Bewusstsein für das kulturelle Erbe zu wecken und so die Spuren unserer Vorfahren zu schützen und die Identität mit der Heimat zu erhöhen.

 

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