Von der Brachfläche zur grünen Oase
Eine Hecke voller Totholz für Vögel und Insekten, duftende Kräuter und CO₂-speichernde Pflanzenkohle im Hochbeet: Was wie die Beschreibung eines am Stadtrand gelegenen Naturgartens klingt, ist in Wirklichkeit mitten in der Innenstadt von Rüsselsheim am Main zu finden. In vorbildlicher Weise zeigt der Garten in der Mainstraße, wie sich eine bislang versiegelte, ungenutzte Innenstadtfläche in einen inspirierenden und umweltfreundlichen Ort verwandeln lässt.
Prämiert wurde das Projekt beim diesjährigen Fotowettbewerb „Blühende Gärten“, wo es einen 4. Platz erreichte. Der Fotowettbewerb wird alle zwei Jahre vom Regionalverband FrankfurtRheinMain in Kooperation mit dem Projekt GartenRheinMain der KulturRegion FrankfurtRheinMain gGmbH ausgelobt.
„Die Idee war, einen öffentlichen Platz als Mustergarten anzulegen und auf kleinem Raum im Modell vorzuführen, was in Sachen Biodiversität, Klimaanpassung und Ressourcenschonung möglich ist. Zugleich sollte es ein Ort für Begegnung und Veranstaltungen sein, denn das Kulturzentrum ‚Das Rind‘ liegt ja gleich nebenan“, erklärt Jennifer Geb vom Bereich Grünplanung der Stadt Rüsselsheim.
So ist ein Platz entstanden, an dem Tiere und Menschen gern verweilen. Totholz und Benjeshecken bieten mit abgestorbenen Ästen und Wurzeln Unterschlupf. Mauern und Gabionen sind mit insektenfreundlichem Sedumsmix bepflanzt und stellen mit Hohlräumen und offenen Fugen zusätzliche Lebensräume für Hummeln, Wildbienen sowie weitere Insekten und Kleintiere bereit.
Bei den Pflanzen des innerstädtischen Gartens wurden insektenfreundliche Arten ausgewählt. Blumenzwiebeln und -knollen schaffen ab Februar ein frühes Nahrungsangebot für Insekten. Eine kleine gebietsheimische, ungemähte Wiese fördert die Biodiversität. In Beeten bindet zertifizierte Pflanzenkohle aktiv CO₂ im Boden und verbessert die Bodeneigenschaften. Last but not least begrünen zwei nicht fruchtende Wilde Weine die Fassade und tragen zur Kühlung sowie zur Verbesserung der Luftqualität in der Umgebung bei.
Eine Vorgabe war außerdem, das Projekt möglichst ressourcenschonend umzusetzen. Deswegen handelt es sich bei den Ästen und Baumstämmen in den Benjeshecken um Überreste aus Baumpflegemaßnahmen der Stadt. Und getreu dem Motto „Aus alt mach neu“ wurden ursprünglich verbaute Holzmaterialien des früheren Zauns zur Verkleidung des Mauerwerks sowie alte Ziegelsteine und Dachpfannen als Füllmaterial in den Gabionenkörben benutzt.
Übrigens hat sich der Garten in der Mainstraße nicht nur zum Anziehungspunkt für Bienen, sondern auch für Menschen entwickelt. Dort fanden bereits Veranstaltungen mit Bühne, Bar und Live-Musik statt.
Das Gartenprojekt ist Teil eines umfassenderen Engagements in der Opelstadt, um Klimaanpassung, Biodiversität sowie die Entsiegelung von Flächen voranzubringen. „Wir arbeiten gerade an einem städtischen Klimaanpassungskonzept, planen eine größere Kommunikationskampagne und mehr Beratung für Bürgerinnen und Bürger. Außerdem ist uns die Zusammenarbeit mit Vereinen, Naturschutzverbänden, Schulen und Kitas sehr wichtig“, sagt Jule Rump-Berghaus vom Amt für Umwelt- und Klimaschutz der Stadt Rüsselsheim am Main.
In diesem Zusammenhang ist auch das Label „StadtGrün naturnah“ in Silber zu nennen, mit dem Rüsselsheim 2023 für seine Bemühungen zur Förderung der biologischen Vielfalt in öffentlichen Grünflächen ausgezeichnet wurde.
Doch wie lässt sich ein solches Gartenprojekt umsetzen in Zeiten, in denen in vielen Kommunen Geld und Personal durchaus knapp ist? „Wir haben Fördermittel aus dem Programm ‚Zukunft Innenstadt‘ des Landes Hessen erhalten. Auch war die dezernatsübergreifende Zusammenarbeit in der Stadtverwaltung hilfreich – so konnte jeder seine Stärken in den Themenfeldern Klimaanpassung, Biodiversität und Zahlen einbringen“, sagt Citymanager Patrik Philippi.
Als Stadt hat Rüsselsheim am Main bereits zum dritten Mal am regionalen Fotowettbewerb „Blühende Gärten“ teilgenommen, und wird dies auch in Zukunft tun. Jennifer Geb: „Es ist wichtig, wenn städtische Projekte für Klimaschutz und Biodiversität wie beim Fotowettbewerb ‚Blühende Gärten‘ von außen betrachtet und wertgeschätzt werden. Das bringt auch in der Öffentlichkeit noch einmal einen ganz anderen Effekt, um dieses Thema voranzubringen“.
Weitere Informationen:
- Infos zum Rüsselsheimer Gartenprojekt unter:
https://www.ruesselsheim.de/planen-und-bauen/ruesselsheim-baut/begruenung/garten-in-der-mainstrasse/ - Vorstellung aller Gewinnerbeiträge des Fotowettbewerbs „Blühende Gärten“ auf dem Klima-Energie-Portal des Regionalverbandes unter: www.klimaenergie-frm.de/fotos
- Wer Begrünungen im eigenen Heim klima¬resilient gestalten und Insekten mehr Lebensraum bieten möchte, findet viele Tipps in der Broschüre „Blühende Gärten“ des Regionalverbandes unter: www.klimaenergie-frm.de/gaertnern