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Datum: 15.09.2022

"Netzausbau braucht Vorfahrt"

Vorstände von EVO und Mainova AG zu Gast im erweiterten Vorstand des Regionalverbands

Die Art und Weise, wie wir gegenwärtig Energie erzeugen und nutzen, ist langfristig nicht nachhaltig. Die dabei entstehenden Treibhausgasemissionen sind Ursache der Klimakrise, und der immense Ressourcenverbrauch gefährdet unsere natürlichen Lebensgrundlagen. Wir brauchen daher einen grundlegenden Umbau der Energieversorgungssysteme auf eine nachhaltige Energieerzeugung und eine effizientere Energienutzung. Dieser wird nun durch den völkerrechtswidrigen Angriff Russlands auf die Ukraine noch einmal deutlich dringender.

Energieeffizienz, Technologieoffenheit, die verstärkte Nutzung von Abwärme und der Umstieg von fossilen auf erneuerbare Energien sind dabei der Schlüssel. Hier gilt es, technologieoffen die Energiewende und die Diversifizierung der Energieversorgung umzusetzen und damit auch Abhängigkeiten von anderen Ländern zu reduzieren. Die neue Energiewelt wird dabei auch zu einem steigenden Strombedarf führen. Gleichzeitig ist das Ziel, durch effiziente Techniken künftig sehr viele unserer Bedürfnisse mit deutlich weniger Energieverbrauch zu befriedigen.

Der Strombedarf der Region FrankfurtRheinMain hat sich in den vergangenen Jahren auf hohem Niveau weiterentwickelt, und er wird künftig weiter steigen. Enormen Energiebedarf haben hier vor allem die Rechenzentren, die sich zunehmend rund um den weltgrößten Internetknotenpunkt DE-CIX in der Region ansiedeln. Denn Rechenzentren sind die Schlüsseltechnologien für Energiewende und Digitalisierung. Wie kann die regionale Infrastruktur für die wachsenden Strombedarfe der Zukunft erweitert werden? Welche Rolle spielt der Netzausbau?

Um diese Fragen zu diskutieren, lud der erweiterte Regionalvorstand des Regionalverbands FrankfurtRheinMain zwei ausgewiesene Fachleute zu seiner Sitzung am 15. September 2022 ein. Dr. Christoph Meier, Vorstandsvorsitzender Energieversorgung Offenbach AG (EVO), und Dr. Constantin H. Alsheimer, Vorstandsvorsitzender Mainova AG, beleuchteten in zwei Impulsvorträgen Perspektiven und Herausforderungen einer künftigen Energieversorgung in der Region.

„Die EVO hat sich Klimaneutralität bis zum Jahr 2040 zum Ziel gesetzt“, berichtete der EVO-Vorstandsvorsitzende Dr. Christoph Meier. Um dieses Ziel zu erreichen, müsste die Energieeffizienz einen deutlich höheren Stellenwert einnehmen. Dabei solle vor allem der Wärmesektor in den Fokus genommen werden. Dieser Sektor sei viel zu lange vernachlässigt worden. Sein Unternehmen setze in den nächsten Jahren auf die Dekarbonisierung von Fernwärme: Dies gelinge durch den verstärkten Einsatz von Biomasse wie Holzpellets, aber auch mit Hilfe weiterer Abwärme aus Rechenzentren und aus dem EVO-Energiewerk. Dort würden Abfälle in Kraft-Wärme-Kopplung umweltschonend zu Fernwärme und Strom verwandelt, berichtete Dr. Meier. Damit gelinge nicht nur die Energiewende – sondern habe zugleich den Vorteil einer von politischen Gefahren unabhängigen Energieversorgung. „Wie wir jetzt wissen, sollten wir uns in Sachen Energieerzeugung mehr auf uns selbst verlassen.“

„Mit dem Ausbau der regionalen Infrastruktur unterstützt Mainova das Wachstum der Metropolregion Frankfurt Rhein-Main. Wir müssen die Infrastrukturprojekte, die für die Stromnetzentwicklung des Wirtschaftsstandortes elementar sind, gemeinsam angehen, um die wirtschaftliche Dynamik und damit auch die Lebensqualität in unserer Region beizubehalten“, sagte Dr. Constantin H. Alsheimer, Vorstandsvorsitzender der Mainova AG.

Aus Sicht des Mainova-Vorstandsvorsitzenden ist dafür ein gemeinsames Vorgehen umso dringlicher. „Wir sollten als Region das gemeinsame Ziel im Blick behalten. Kommunale Interessen und Versorgungssicherheit sind zwei Seiten derselben Medaille.“ So würde beispielsweise eine gemeinsame Planung den Flächenverbrauch enorm verringern und die Doppelung von Verwaltungs- und Wartungseinrichtungen könnte vermieden werden.

„Die Region FrankfurtRheinMain ist als internationaler Digital Hub anerkannt. Damit die Region weiterhin als bevorzugter Standort für Digitalisierungsunternehmen und Rechenzentren gesichert und weiter ausgebaut werden kann, ist eine verlässliche Stromversorgung von entscheidender strategischer Bedeutung und systemrelevant“ sagte Thomas Horn, Verbandsdirektor des Regionalverbands FrankfurtRheinMain. „Stromnetzausbau braucht Vorfahrt! Ich erinnere an das aktuelle Beispiel der LNG-Terminals: Wie lange hat man deren Bau in Schönwetterzeiten verhindert? Aber in der Krise wird der Bau vier neuer Flüssigerdgas-Terminals genehmigt. Eine ähnliche Sichtweise benötigen wir jetzt auch beim Ausbau unserer Strominfrastruktur“, so Horn.

Beim Thema Fläche sieht der Verbandsdirektor die Kompetenz des Regionalverbands. „Unsere Aufgabe ist es, im Regionalen Flächennutzungsplan entsprechende Flächen für Versorgungseinrichtungen zur Verfügung zu stellen. Stehen diese Flächen nicht ausreichend zur Verfügung, unterstützen wir die Kommunen bei Änderungsverfahren.“ Eine möglichst frühzeitige Abstimmung über Flächenpotenziale für Versorgungseinrichtungen und Infrastrukturmaßnahmen sei sehr zu empfehlen.

Neben der Stromversorgung geht es auch um die zukunftsfähige Wärmeversorgung in der Region und den Ausbau von Fernwärme. In diesem Zuge sind die kommunalen Wärmepläne ein wichtiges Instrument. Voraussichtlich ab 2023 wird für Kommunen die gesetzliche Pflicht zur verbindlichen Wärmeplanung kommen. „Dabei wird der Regionalverband die Mitgliedskommunen unterstützen“, sagte Rouven Kötter, Erster Beigeordneter des Regionalverbands und zuständig für die Themen Klima, Energie und Nachhaltigkeit. Im Rahmen der Wärmepläne werden Kommunen dazu angehalten, mit allen Akteurinnen und Akteuren vor Ort den Umstieg auf erneuerbare Wärmeversorgung ganz konkret zu gestalten.

In Sachen Energieeinsparung und Energieeffizienz sieht Kötter eine Vielzahl von Projekten auf dem Weg. So bietet der Regionalverband mit dem Klimaschutzportal eine regionale Informationsplattform zu den Themen Energiewende, Klimaschutz, Anpassung an den Klimawandel und Nachhaltigkeit, die sich an Mitgliedskommunen ebenso wie Bürgerinnen und Bürger richtet. Derzeit werden bei-spielsweise aktuelle Best-Practice-Beispiele von Kommunen zur Energieeinsparung zusammengestellt – einer von vielen Bausteinen, um mit den aktuellen Herausforderungen kreativ und zukunftsgerichtet umzugehen.


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