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Zehn Jahre » Güter auf die Schiene «

  

Ergebnisse der fünften regionalen Austauschplattform - Nachhaltige und verlässliche Ver- und Entsorgung für den Ballungsraum FrankfurtRheinMain


Im März 2023 luden Regionalverband FrankfurtRheinMain, DB Netz AG und IHK Frankfurt am Main zur fünften regionalen Austauschplattform »Güter auf die Schiene« ins Haus der Region FrankfurtRheinMain nach Frankfurt am Main.

Über 70 Delegierte von Verladern, Logistikern, Eisenbahnunternehmen, Kommunen, Fachbehörden und Wissenschaft diskutierten zu verschiedenen Fragen bezüglich der Ver- und Entsorgung im Ballungsraum FrankfurtRheinMain.

  • Auf welche Weise lassen sich Lieferketten umstellen?
  • Wie kann eine schienenbasierte Entsorgung aussehen, und was können Verlader, Operateure, Spediteure und Eisenbahnunternehmen beitragen?
  • Wo sind Flächen vorhanden/erforderlich? Wie kann die öffentliche Hand Investitionen in Infrastruktur und Konzepte fördern?
  • Welche Erwartungen stellen die Verlader an Logistikdienstleister und welche Chancen ergeben sich für den Eisenbahnsektor?


Ergebnisse der Veranstaltung


Moderation
Mechthild Harting, Frankfurter Allgemeine Zeitung

Begrüßung und Einführung [.PDF 820KB]
Rouven Kötter, Erster Beigeordneter
Regionalverband FrankfurtRheinMain

Mehr Güterverkehr auf das richtige Gleis setzen! [.PDF 1.3 MB]
Jens Marco Scherf, Landrat des Kreises Miltenberg

Bericht aus den Bahnwerkstätten

Welchen Beitrag kann die Schiene für stabile und verlässliche Lieferketten im Einzelhandel leisten?

Anhand des Beispiels einer Papierfabrik, die zahlreiche Supermarkt- und Discounterketten beliefert, diskutierte die Gruppe, inwiefern Warentransporte auf die Schiene verlagert werden könnten. Insgesamt stehen viele Produzenten und Einzelhändler dem Gütertransport auf der Schiene offen gegenüber. In der Diskussion wurde jedoch deutlich, dass die Warenhersteller bzw. Produzenten immer kleinere Lieferfenster von den Einzelhandelsgruppen als Vorgabe bekommen, sodass sie bei wenig zuverlässigen Schienenverbindungen Strafzahlungen oder der Verlust von Kunden befürchten müssten.

Aufgrund der meist nur über die Straße erreichbaren Zentrallager der großen Einzelhändler kommt zudem in der Regel nur der kombinierte Verkehr für den Gütertransport infrage, der im Vergleich zum ungebrochenen Verkehr auf der Schiene zusätzliche Kosten verursacht. Vorteile des kombinierten Verkehrs sind im Vergleich zum reinen Straßentransport der geringere Einsatz von Fahrpersonal und Antriebsenergie sowie deutliche CO2-Einsparungen.

Als Hemmnis für eine Verlagerung wurden neben knappen Güterverkehrstrassen insbesondere die fehlenden Flächen zum Umschlag der Waren von der Straße auf die Schiene herausgearbeitet. Um einen großen Teil der Mengengüter auf die Schiene zu bringen, müssten in der Region FrankfurtRheinMain künftig ein ganzes Netz an dezentralen Umschlagsmöglichkeiten gebaut werden. Aus Sicht der Teilnehmerinnen und Teilnehmer ist es daher notwendig, dass Bund und Länder eine Strategie mitsamt Umsetzungsprogramm für mehr dezentrale Umschlagflächen entwickeln.

Entsorgung - der schlafende Riese?

Steffen Mayer, Geschäftsführer bei LOGEX SYSTEM – einer bundesweiten Kooperation von mittelständischen Entsorgern – beleuchtete Chancen und Potenziale der Schiene im Bereich von Entsorgung und Recycling. In vielen Fällen liegen Quelle und Ziel von Transporten unterhalb der als Eintrittsschwelle für die Schiene geltenden Transportweite von 300 Kilometern. Im Entsorgungsbereich finden sich jedoch nicht selten auch wesentliche kürzere Distanzen. Von den Beteiligten der Bahnwerkstatt wurde Anwendungsfälle aus Nordbaden und dem Rheinland genannt. Hier bietet die Schiene Vorteile, was unter anderem in der Personaleinsatzplanung begründet liegt: Dabei lässt sich das Lokpersonal kostengünstig an einem Tag „eintakten“.

Bei gewerblichen Abfällen erlaubt die Lagersituation bei den meisten Entsorgern aber nur Einzelwagenverkehre. Hier müsste die Angebotssituation ausgebaut werden. Beim Thema Behälter ist das, was für die Schiene gut ist, nicht immer auf den Lkw anwendbar. Mehr Standardisierung wäre hier wünschenswert. Ein 20-Fuß-Container beispielsweise ist für die Schiene ebenso wie für Lkw kompatibel. Manche Investition ist lohnenswert, wie Beispiele aus Karlsruhe und dem französischen Département Oise zeigen.

Es kommt auf die Verladerbereitschaft an: Wenn Schiene gewünscht wird, lohnen sich bisweilen etwas höhere Investitionen, die vielfältige Nutzen z. B. für kommunalen Akteure bringen: Verkehrsentlastung, Klimaschutz und Verringerung des Fuhrparks. Zudem lassen sich Potenziale erst dann erkennen, wenn der Verkehrsträger Schiene in den Ausschreibungen berücksichtigt wird.
Allerdings liegen wichtige Standorte wie Deponien leider oftmals abseits von Schienenstrecken – für die Standortentwicklung sind solche Faktoren künftig besser zu berücksichtigen. Große Anlagen mit entsprechendem Einzugsbereich erhöhen die Chancen für mehr Gütertransport auf der Schiene, weil Bündelung und umfangreichere Lagerkapazitäten möglich sind.

Wo wollen wir Flächen für Logistik, Warenumschlag und Schienenzugang entwickeln?

In der Region FrankfurtRheinMain sind Flächen Mangelware. Umso erforderlicher ist es, geeignete Standorte für Bündelung, Verteilung und Umschlag von Waren in der Region vorzuhalten und zu sichern. So wird der Zugang zur Schiene leichter, und die Anzahl an Lkw-Fahrten nimmt ab bzw. deren Entfernungen werden verringert. Ausgleichsmechanismen zwischen Kommunen – vergleichbar dem regionalen Lastenausgleich in FRM beim Thema Fluglärm – sowie ein übergeordnetes Gemeinwohlinteresse für diese Flächen wären sehr förderlich.

Zudem wäre hilfreich, bei neuen oder auszubauenden Strecken die Bedienung mit Güterzügen nicht auszuschließen. Damit erhöhen sich die Chancen, zukünftig direkt Unternehmen an die Schiene anzuschließen. Auch eine hessenweite Gleisanschlusskarte mit sämtlichen Gleisanschlüssen ist in Vorbereitung.

Sehr wichtig ist eine Bewerbung geeigneter Flächen etwa durch die regionale oder lokale Wirtschaftsförderung. Es wurde deutlich, dass in verschiedenen Teilen der Region Flächen für die Verknüpfung von Schiene und Straße benötigt werden. Erfreulich: Es wurden konkrete Standorte diskutiert.

Überdies gibt es mindestens zwei regionale Plattformen für gewerblich nutzbare Flächen oder Immobilien:

Wie können sich die Eisenbahnen noch mehr an den Kundenbedürfnissen ausrichten?

Die frühere Maxime, dass Schienengüterverkehr (SGV) nur mit großen Massengütern und auf langen Strecken wirtschaftlich sinnvoll ist, kann zum einen durch den kombinierten Verkehr und zum anderen auch durch etliche Beispiele in den letzten Jahren widerlegt werden. So ist der Rhein-Saar-Mosel Containerexpress der Firma Frankenbach in Mainz ein gutes Beispiel dafür, dass sich SGV auch auf kürzeren Distanzen zwischen Wirtschaftszonen wirtschaftlich rechnen kann.

Die aktuellen Entwicklungen in Weltpolitik, Gesellschaft und Logistik fordern uns heraus, bei einer verlässlichen Ver- und Entsorgung von Metropolregionen auch den klimafreundlichen Verkehrsträger Schienenverkehr stärker zu fördern. Die dabei beteiligen Eisenbahnunternehmen müssen dazu auch ihren Beitrag leisten.

Als Eisenbahn-Infrastrukturunternehmen untersucht die DB Netz AG derzeit sämtliche Metropolregionen nach Umschlagmöglichkeiten für sogenannte City-Hubs. Neben bereits vorhandenen Terminals im klassischen kombinierten Umschlag stellen solche City-Hubs die notwendige Ergänzung für einen SGV im Nahbereich von Ballungsräumen dar.

Diese City-Hubs sollen möglichst einfache Infrastrukturen mit wenig Flächenbedarf sein, zwischen zwei und vier Durchfahrgleise haben sowie befestigter Fläche für horizontalen Umschlag (z. B. mit der Technologie von Helrom oder Cargobeamer) aufweisen. Güterzüge können dann nah an die Metropolen fahren und dort umschlagen.

Für die Logistik hat Herr Gerhard Oswald von GoMultimodal GmbH gemeinsam mit dem Konzeptinhaber, Herrn Beat Wegmüller, das visionäre Zugkonzept „Cargo S-Bahn ebenso wie das Verkehrs- und Transportkonzept „Inter Regio Cargo“ vorgestellt – welches bereits erfolgreich in der Schweiz umgesetzt wird. In der Diskussion zwischen den Experten aus der Verladerschaft, Logistik, Politik und den Eisenbahnunternehmen zeigte sich, dass solche Konzepte Lösungen für die Versorgung und Entsorgung von Ballungsräumen bieten.

Für eine entsprechende Akzeptanz und Umsetzung muss es geeignete Flächen, Infrastrukturen, Kapazitäten und auch Fahrzeuge geben. Auch eine Finanzierung solcher Projekte kann nicht allein von den Nutzerseite und Verbraucherinnen und Verbrauchern geleistet werden. Solche Projekte stellen eine Herausforderung für alle Beteiligten dar, beinhalten aber auch ein enormes Potential und helfen, die aktuellen und zukünftigen Probleme in der Logistik zu lösen, um eine Versorgungs- und Entsorgungssicherheit für unsere Gesellschaft zu leisten.







Das Video zur Veranstaltung :

Video Gueter Schiene Scherf
(Bitte auf Bild klicken, Link führt zu YouTube)